Set the Stage
Neue Weichen für digitales Produzieren von Kultur und Medien
Das Metaversum ist in aller Munde und erzeugt in einer immensen Bandbreite sowohl Abwehrhaltungen als auch utopische Hoffnungen. Im Negativen mag es die Ablehnung der aus dem Silicon Valley entspringenden Vorstellung des einen Metaversums sein; Sorgen vor Monopolstellung, Überwachung, Manipulation und gewinnorientierter Monetarisierung durch wenige einzelne Wirtschaftsunternehmen. Hoffnungsvoll äußern sich Ideen neuer Formen transkultureller Gemeinschaft in der virtuellen Realität, Angebote von (Schutz-)Räumen für diskriminierte Personengruppen oder Subkulturen, aber auch vielversprechende Bedingungen für neue Formen von Workshops, Bildungsangeboten, virtuellen Konferenzen, bis hin zum digitalen Ausbau medizinischer Anwendungsbereiche.
In der grundsätzlichen Annahme einer Gestaltbarkeit und insbesondere der Effektivität von Vorschlägen und Interventionen im derzeitigen Entwicklungszustand des Metaversums, greift das Projekt Set the Stage ein. Der Status Quo der virtuellen Welten wird als ein Rohzustand—als virtuelle Baustelle—verstanden, der womöglich als einmalige Chance zu begreifen ist, um entstehende Infrastrukturen und Architekturen, abseits kapitalgetriebener Interessen, demokratisch, inklusiv und divers zu denken und transdisziplinär umzusetzen.
Das Projekt Set the Stage verortet sich im Feld künstlerischer Produktion und Rezeption von Kultur im Metaversum. Hierbei dient eine virtuelle Theaterproduktion als Vehikel, um die digitalen Welten auf Inklusivität und Diversität abzuklopfen und Potentiale zu explorieren.
So baut das Unterfangen zunächst auf einer stichprobenartigen Bestandsaufnahme bestehender technischer Umsetzungen im Feld der inklusiv-diversen Kulturproduktion in Virtual Reality auf. Hier werden etwa softwaregestützte Lösungen virtueller Gebärdensprache, Angebote für Menschen mit Hör- oder Seheinschränkungen oder hardwarebasierte Alternativen bei Bewegungseinschränkungen recherchiert. Unter Berücksichtigung dieser technischen Recherchen entsteht ein virtueller Raum, eine virtuelle Bühne, die den Anforderungen an barrierearmes Arbeiten in der Kulturproduktion gerecht wird und mittels einer VR-Brille über das Internet frei zugänglich ist. Diese Bühne wird im Rahmen der kostenlosen Social VR Anwendung VRChat implementiert.
In diesem Raum—und bereits während seiner Entwicklung—werden Proben eines Theaterstücks von Berthold Brecht durchgeführt. Brecht im Metaversum. Brecht Into the Metaverse! Mit einem diversen Cast aus professionellen Theatermacher:innen, Künstler:innen, Schauspieler:innen und Designer:innen wird das Feld digitaler Kunstproduktion in VR weiter erschlossen. Unterschiedliche Altersgruppen, verschiedene kulturelle Hintergründe, Menschen mit Behinderungen und besonderen Bedürfnissen bilden eben diesen Cast ab und verhelfen damit durch die Projektdurchführung zu einer projektspezifischen Bedarfsanalyse, die eine direkte Implementierung erfährt.
Innerhalb der Vielzahl an Nutzungsformen und -räumen im bis dato keineswegs zentralisierten Metaverse wird sich auf die erwähnte Anwendung VRChat konzentriert. Innerhalb dieser App sind etliche virtuelle Räume betret- und erfahrbar, die weitestgehend als Social Virtual Reality zu verstehen sind; als virtuelle Räume, die von mehreren Nutzer:innen in Echtzeit gleichzeitig genutzt werden können und eine Kommunikation mittels Sprache, Texteingabe und avatargestützter Gestik ermöglichen.
Das Projekt Set the Stage zielt darauf ab, neue Netzwerke zwischen Akteur:innen der digitalen und analogen Kulturproduktion zu ermöglichen. Das Vorhaben versteht sich während der Durchführung als Werkzeug der (Wert-)Schöpfung von Wissen inklusiver Kulturproduktionen und der Begünstigung von Teilhabe in diesem Feld. Die entstehenden virtuellen Produktions- und Präsentationsräume lassen sich nach Projektabschluss durch andere Akteur:innen mit nur geringem Kostenaufwand in Ausstattung, Größe und Anmutung individuell anpassen. Sowohl virtuelle Theater- als auch Filmproduktionen lassen sich hiermit planen und umsetzen.
Die Durchführung des Vorhabens selbst unterliegt zudem einem Diversifizierungsprozess. Durch offensive Mitarbeiter:innensuche und Netzwerkerweiterung im Feld jenseits unserer eigenen Bubble, in Kooperation mit entsprechenden Institutionen und Vereinen (RambaZamba Theater, Berliner Blindenverein e.V., Sozialhelden e.V. und weiteren), wird an der internen Diversifizierung des Projektteams gearbeitet.
Das gesamte Projekt fließt zudem in eine parallel entstehende Publikation zu Kulturproduktion und Diversifizierung in Virtual Reality ein.